Fall des Monats

Zwei Antiepileptika oft besser als drei | 10-2014

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Ein 42-jähriger Patient mit mittelschwerer geistiger Behinderung leidet seit seiner frühen Kindheit an einer fokalen Epilepsie. Er kann keine Angaben zu einer etwaigen Aura machen, es traten früher jedoch häufig automotorische (= komplex-fokale) und generalisiert tonisch-klonische (= Grand Mal) Anfälle auf. Unter der aktuellen antiepileptischen Therapie mit Phenytoin 350 mg, Levetiracetam 2.000 mg und Lacosamid 400 mg kommt es etwa 1-2 mal pro Jahr zu einem leichten automotorischen Anfall. Die gemeinsame Ursache der geistigen Behinderung und die der Epilepsie ist unklar.

Den Betreuern des Patienten war in den vergangenen Monaten aufgefallen, dass das Gangbild – mit Schwankungen – unsicherer war als sie es bisher kannten. Dies stand möglicherweise in ursächlichem Zusammenhang mit der Phenytoin Serum-Konzentration mit Werten zwischen 18 und 25 mg/l.

Zur Optimierung der pharmakologischen Therapie wurde der Patient bei uns auf die Station für Menschen mit Epilepsie und zusätzlicher Behinderung aufgenommen. Während des vierwöchigen stationären Aufenthalts reduzierten wir schrittweise die Phenytoin-Dosis, um das Medikament letztlich abzusetzen. In diesem Zuge besserte sich das Gangbild des Patienten zusehends. Während des Aufenthalts und in den ersten 6 Monaten danach kam es bisher nicht zu einem epileptischen Anfall.

Dieser Fall zeigt, dass weniger Antiepileptika – in Anzahl der Substanzen oder Höhe der Dosierung – oft genau so wirksam sind wie mehr. Eine große Langzeit-Studie über mehr als 20 Jahre hat gezeigt, dass bei schwer behandelbaren Epilepsien zwei Antiepileptika wirksamer sind als eine Monotherapie, auf der anderen Seite waren aber drei Substanzen nicht besser als zwei, es traten – wie in unserem Fall – nur mehr Nebenwirkungen auf.

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