Fall des Monats

Junge mit Anfällen nach Baden | 8-2013

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Ein knapp 4-jähriger Junge beklagt sich bei seinen Eltern nach jedem Baden oder Duschen mit den Worten „Es brennt, Mama es tut weh!“. Die Eltern beschreiben bei ihrem Sohn im weiteren Verlauf dieser Episoden einen leeren bzw. ängstlichen Blick, eine Kopfwendung nach rechts und eine Beugung des rechten Arms. Die Beine verlören an Kraft und er sacke zusammen. Die Augen sind währenddessen offen, der Junge könne aber nicht sprechen, die Dauer betrage 1 min. Danach sei er müde und schlafe rasch ein. Dieser Ablauf wurde von den Eltern auch in einem Home-Video dokumentiert.

Variationen des Badens und Duschens insbesondere hinsichtlich der Wassertemperatur hatten keinen Einfluss auf das Auftreten dieser Ereignisse.

Wir führten bei dem Patienten eine Video-EEG-Untersuchung unter den realen Bedingungen des Badens durch. Auch hier trat die von den Eltern beschriebene Episode auf. Es zeigte sich im EEG ein Anfallsmuster links centro-temporal, welches sich auf die ganze linke Hemisphäre ausbreitete. Korrespondierend trat die von Eltern beschriebene klinische Symptomatik auf. Die zeitliche Abfolge ließ dann erkennen, dass der Anfallsbeginn nicht mit dem Ende des Badens korrelierte, sondern mit dem heftigen Abtrocknen („Abrubbeln“) des Jungen durch den Vater. Klinisch handelte es sich hier um eine somato-sensible Aura (Schmerzen), die in einen automotorischen Anfall übergeht.

Wir konnten so die Diagnose einer „Rub epilepsy“ stellen, die eine seltene Form der Reflexepilepsien darstellt. Triggerzone war der rechte Arm oder der rechtsseitige Thorax. Das cMRT war unauffällig. Wir verzichteten zunächst auf eine antiepileptische Therapie und empfahlen den Eltern ein weniger beherztes Abtrocknen ihres Sohnes. Seitdem sind bei dem Jungen keine Anfälle nach dem Baden mehr aufgetreten.

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