Fall des Monats

Jugendlicher mit frühen Absencen | 7-2017

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Ein 14-jähriger männlicher Jugendlicher litt seit dem 6. Lebensjahr unter mehrfach täglich auftretenden kurzen Abwesenheiten von 5-7 Sekunden Dauer. Im EEG zeigten sich damals generalisierte 3/Sekunde Spike-Wave-Komplexe mit einem frontalen Amplitudenmaximum. Somit konnte damals die Diagnose einer kindlichen Absencen-Epilepsie gestellt werden. Bei Auftreten von Absencen mehrfach am Tag spricht man auch von pyknoleptischen Absencen bzw. einer Pyknolepsie. Wie eine US-amerikanische doppel-blinde Studie vor ein paar Jahren gezeigt hat, ist Ethosuximid weiterhin das wirksamste und verträglichste Antiepileptikum bei kindlicher Absence-Epilepsie (Glauser et al. 2010, New England Journal of Medicine). So wurde auch unser Patient von Beginn der Erkrankung an mit Ethosuximid behandelt, Absencen traten nicht mehr auf.

Es stellte sich nun im Alter von 14 Jahren die Frage, ob das Antiepileptikum wieder abgesetzt werden kann. Kindliche Absence-Epilepsien haben eine sehr gute Prognose, mit Beginn der Pubertät nimmt die Epileptogenität rapide ab, es treten – auch ohne Antiepileptika – oft keine Absencen mehr auf. Wir haben auch bei unserem Patienten vor 3 Monaten Ethosuximid ausgeschlichen. Der Patient und seine Familie haben keine Absencen mehr beobachtet. In einer Video-EEG-Langzeit-Untersuchung über 24 h wurden in unserem Zentrum weder klinisch manifeste Absencen noch elektrophysiologisch die charakteristischen epilepsietypischen Potenziale beobachtet. Es ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bei dem Patienten auch zukünftig keine weiteren Absencen oder andere Anfälle mehr auftreten.

Diese Kasuistik zeigt den oftmals gutartigen Verlauf von kindlichen Absence-Epilepsien, die in der Regel altersabhängig selbstlimitierend sind. Daher ist bei dieser Form der generalisierten genetischen Epilepsie ein Absetzversuch der Antiepileptika in der zweiten Lebensdekade empfohlen.

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