Fall des Monats

Epileptische Déjà vu-Auren | 12-2013

>> zurück zur Startseite

Ein 24-jähriger Patient berichtet, dass er seit mehr als 2 Jahren mit zunehmender Häufigkeit Déjà vu-Ereignisse erlebt. In den letzten Wochen traten diese täglich auf. Begleitet sind die Déjà vus von Geruchswahrnehmungen. Die Partnerin berichtet auf Nachfrage hin, dass den Déjà vus eine Episode mit starrem Blick, Abwesenheit und leichten Lippenbewegungen folgen würde. Der Patient erinnert diese Abwesenheiten nicht. Nun war es zu einem ersten tonisch-klonisch generalisierten Anfall gekommen, der den Patienten ins Krankenhaus und somit erstmals zu klinischer und apparativer Diagnostik führte. Die Episoden mit Déjà vu wurden als epileptische Auren erkannt, aus denen sich automotorische (= komplex-fokale) Anfälle entwickelten. In einem Kernspintomogramm des Kopfes wurde ein gutartiger Tumor im linken mesialen Temporallappen festgestellt, dieser ist die Ursache der fokalen Epilepsie.

Wir begannen eine antiepileptische Therapie mit Levetiracetam, aber auch unter hohen Dosen besserte sich die Anfallsfrequenz nur geringfügig. Es wurde ergänzend Lacosamid dazugegeben, der Patient befindet sich noch in der Aufdosierungsphase.

Ein Déjà vu (französisch für „schon mal gesehen“) ist das – oft irritierende – Gefühl, eine neue Situation schon einmal erlebt oder gesehen, nicht aber geträumt zu haben. Déjà vus treten bei gesunden Menschen vereinzelt spontan auf, die genauen neurobiologischen Mechanismen sind unklar. Häufig auftretende Déjà vues – erst recht wie im vorliegenden Fall – sind dagegen Ausdruck eines Krankheitsprozesses im Temporallappen. Da bei unserem Patienten den Episoden mit Déjà vu eindeutige automotorische Anfälle folgen, sind auch die Déjà vus als Teil des epileptischen Anfalls einzuschätzen. Diese Episoden werden nur von den Patienten selbst, nicht aber von Anderen bemerkt, dies bezeichnet man als epileptische Aura.

Der gutartige Tumor im linken Hippocampus als Ursache der Epilepsie muss aus neurochirurgischer Sicht zurzeit nicht operativ entfernt werden. Wenn der Patient allerdings auch mit einem zweiten Antiepileptikum nicht anfallsfrei und somit pharmakoresistent wird, müssen Tumor und weitere Strukturen des Temporallappens aus epileptologischer Sicht entfernt werden. Das therapeutische Ziel stellt die komplette Anfallsfreiheit dar.

Fälle der vergangenen Monate