Fall des Monats

Herausforderung Epilepsiechirurgie | 12-2017

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Bei einem 26-jährigen Patienten besteht seit 7 Jahren eine Epilepsie, die Anfälle sind durch eine Abwesenheit gekennzeichnet, allenfalls geringe orale Automatismen, Dauer etwa 40 Sekunden. Auf konkrete Nachfrage berichtet der Patient ein Vorgefühl direkt vor der Abwesenheit, er kann dies nicht gut in eigene Worte fassen, es handelt sich aber am ehesten um ein Druckgefühl in der Magengegend. Der Patient ist aktuell mit 400 mg Lacosamid und 10 mg Perampanel behandelt, zuvor hat er bereits drei andere Antiepileptika eingenommen. Es treten weiterhin etwa 3-4 mal pro Monat die oben beschriebenen Anfälle auf. Im cerebralen MRT findet sich eine kortikale Veränderung links parietal, die einer fokalen kortikalen Dysplasie entsprechen könnte.

Bei pharmakoresistenter fokaler Epilepsie unterzog sich der Patient in unserem Hause der prächirurgischen Diagnostik, das Video-EEG-Monitoring erfolgte zunächst mit Oberflächen-Elektroden. Bei den drei aufgezeichneten und für den Patienten typischen Anfällen zeigte sich ein Anfallsmuster links temporo-anterior. Da sowohl die Anfallssemiologie als auch das iktale EEG mit einem Anfallsbeginn links temporo-mesial vereinbar waren, schien die potenziell epileptogene Läsion links parietal nicht den Anfallsfokus darzustellen. Das cerebrale MRT und eine Glucose-PET-Untersuchung waren unauffällig und zeigten insbesondere keine Auffälligkeiten in links temporo-mesialen Strukturen. Mit Hilfe subduraler Streifen- und Plattenelektroden konnten wir dann einen umschriebenen Anfallsbeginn im Bereich des linken Hippokampus sehen. Der Patient unterzog sich einer anterioren Temporallappenresektion und ist seit der Operation vor 3 Monaten anfallsfrei.

Viele Studien zur Prognose nach Epilepsiechirurgie zeigen, dass die Identifikation einer potenziell epileptogenen Läsion im MRT die Wahrscheinlichkeit auf post-operative Anfallsfreiheit signifikant erhöht. Dieser Fall zeigt aber, dass selbst eine auf eine fokale kortikale Dysplasie verdächtige Struktur nicht immer der epileptogene Fokus sein muss. Daher ist neben einer exakten Anamneseerhebung die Aufzeichnung mindestens eines typischen epileptischen Anfalls – sowohl videographisch als auch simultan elektroenzephalographisch – Voraussetzung für erfolgreiche Epilepsiechirurgie.

Fälle der vergangenen Monate