Fall des Monats

Antiepileptikum nach erstem Anfall? | 10-2017

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Ein 73-jähriger, biologisch jüngerer Patient erlitt im April 2017 einen ersten unprovozierten tonisch-klonisch generalisierten epileptischen Anfall. Das cMRT und Routine- und Schlaf-EEG waren ohne pathologischen Befund. Somit ist dieser Anfall als isolierter unprovozierter epileptischer Anfall einzuordnen, es besteht kein relevant erhöhtes Rezidivrisiko. In dieser Konstellation wird in der Regel nicht die regelmäßige Einnahme eines Antiepileptikums empfohlen.

Dennoch hatte der Patient so große Sorge vor einem erneuten Anfall, dass er darum bat, ein Antiepileptikum verschrieben zu bekommen. Wir akzeptierten den Wunsch des Patienten und gaben ihm das gut verträgliche und stark wirksame Antiepileptikum Lamotrigin in einer niedrigen Dosis von 100 mg täglich. Wir klärten ihn darüber auf, dass er nach den aktuellen Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung der Bundesanstalt für Straßenwesen nach einem isolierten unprovozierten Anfall für 6 Monate kein Kraftfahrzeug führen darf.

Bei Wiedervorstellung im Oktober 2017 berichtet der Patient, dass er unter dem Lamotrigin zunehmend Schwankschwindel verspürt habe, dies habe seine Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt. Daher hat er das Lamotrigin selbständig 3 Tage vor dem Ambulanzbesuch abgesetzt. Schon bei Vorstellung in unserer Sprechstunde bestand der Schwankschwindel nicht mehr.

Wir klärten den Patienten noch mal über das geringe Risiko für das Auftreten eines weiteren Anfalls auf. Der Patient war nun nach der subjektiven Unverträglichkeit von Lamotrigin damit einverstanden, kein Antiepileptikum einzunehmen.

Obwohl das 6-monatige Fahrverbot im Oktober 2017 abgelaufen war, mussten wir den Patienten darüber aufklären, dass er nach Absetzen des Antiepileptikums nun für 3 weitere Monate nicht selbständig ein Kraftfahrzeug führen darf.

Zusammengefasst besteht nach einem ersten epileptischen Anfall ohne EEG- und MRT-Auffälligkeiten keine Indikation für die regelmäßige Einnahme eines Antiepileptikums.

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