Fall des Monats

Anfall bei Magnesiummangel | 12-2016

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Ein 57-jähriger Patient erlitt erstmals aus dem Wachen einen tonisch-klonisch generalisierten epileptischen Anfall ohne fokale Einleitung. Der Patient war ansonsten weitgehend gesund. Die auswärtige Diagnostik inkl. Routine-EEG und Kopf-MRT blieb ohne pathologischen Befund. In dieser Konstellation gingen wir bei einem ambulanten Vorstellungstermin zunächst von einem isolierten unprovozierten epileptischen Anfall aus. Wegen des geringen Rezidivrisikos empfahlen wir nicht die Einnahme eines Antiepileptikums, wir sprachen den Richtlinien gemäß ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge für 6 Monate aus.

Wenige Tage später stellte die Hausärztin im Rahmen einer umfangreichen Laboruntersuchung einen deutlich erniedrigten Wert für Magnesium im Serum fest (0,29 mmol/l; Normwert Erwachsene: 0,7-1,0 mmol/l). Ein Magnesium-Mangel kann bei Patienten ohne Epilepsie Ursache eines epileptischen Anfalls sein, wir sprechen dann von einem akut-symptomatischen Anfall. Nach der Definition der Internationalen Liga gegen Epilepsie wird ein erniedrigter Magnesium-Wert dann als akut ursächlich für einen epileptischen Anfall angenommen, wenn er unter 0,3 mmol/l liegt.

Magnesium ist ein Blocker des exzitatorischen (also des erregenden) NMDA-Rezeptors im Gehirn. Fehlt Magnesium, wird dieser Rezeptor enthemmt, es kommt zu einer erhöhten Exzitation der Nervenzellen. Dies kann im Extremfall in einem epileptischen Anfall münden.

Somit lag bei dem Patienten also kein isolierter unprovozierter, sondern ein akut-symptomatischer Anfall vor. Diese Zuordnung führt ebenfalls nicht zu der Empfehlung, Antiepilepileptika einzunehmen, hat aber Konsequenzen hinsichtlich des Fahrverbots. Dieses beträgt nämlich nach einem akut-symptomatischen Anfall nur 3 Monate, wenn denn die Ursache des Anfalls behoben ist. Auch wenn bei dem Patienten bisher nicht eindeutig geklärt werden konnte, warum er eine derart niedrige Magnesium-Konzentration aufwies, so hat er nun unter täglicher Substitution von Magnesium und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen regelrechte Spiegel.

Dieser Fall zeigt, dass es auch seltene akute Ursachen für einen epileptischen Anfall gibt. Diese können mitunter Einfluss auf das Anfalls-Rezidivrisiko und somit auf die Dauer des Fahrverbots haben.

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